Hallöchen!
Als Mama hinterfragt man sich ja sehr oft selber. Mache ich in der Erziehung alles richtig? Bin ich zu streng? Bin ich zu nachgiebig? Beschäftige ich mich oft genug mit meinem Kind? Sollte ich es mehr fördern?
Ständig sind wir unsicher bzw. lassen uns gerne mal von unserer Umwelt verunsichern. Mir passiert das auch hin und wieder. Wir fahren seit kurzem mit dem Auto zum Kindergarten, da wir immer einen steilen Berg hochlaufen müssen und ich das nicht mehr so gut schaffe. Neben dem Kindergarten ist eine Schule. Auf dem Schulparkplatz parken wir und dann fährt der Mini Chef mit seinem Laufrad die letzten Meter zum Kindergarten. Oft auch mal ohne Helm. Da er erstens gar nicht richtig fährt, es zweitens fast nur über Wiese geht und es drittens vielleicht 200m sind. Ich weiß dennoch geht Sicherheit vor, aber ich habe eben als Mutter entschieden, dass er diesen kurzen nicht von Autos befahrenen Weg auch mal ohne Helm fahren darf.
Laufen andere Mütter an uns vorbei, bekomme ich oft galaktische Todesblicke zugeworfen. Ich verantwortungslose Mutter ich. Lasse ich mein Kind doch ohne Helm fahren. Und was mache ich? Rechtfertige mich. Vor Fremden wohlgemerkt, die das ja nicht zu interessieren hat “Du darfst heute aber nur ohne Helm fahren, weil es ne ganz kurze Strecke ist.” “Fahr nicht so schnell. Du hast keinen Helm auf.” Diese und andere Sätze sage ich dann manchmal so laut das sie die Todesstern-Mutter auch ja hört.
Eigentlich müsste es mir egal sein was die andere Mutter denkt. Ist es oft auch, aber an manchen Tagen eben nicht. In solchen Momenten denke ich mir immer “Mein Gott. Da fährt das Kind mal 10m ohne Helm. Das ist ja nun echt nicht so schlimm.”
Ich bin früher auf Bäumen rumgeklettert. Mit sechs. Machen das Sechsjährige heute noch? Bestimmt. Aber dann nur mit kompletter Sicherheitsausrüstung und Mutti steht unten und hält die Sicherheitsleine. Erziehen wir unsere Kinder nicht zu Angsthasen, wenn wir sie ständig vor irgendetwas beschützen wollen und ständig überall potenzielle Gefahren sehen?
Hinter jedem Gebüsch könnte ein Verbrecher hocken, jeder Stein beherbergt Trilliarden von Bakterien, auf der Wiese wachsen Brennessel und klettern geht auch nicht. Die Sturzgefahr und die Spätfolgen. Einfach alles scheint in den Augen der heutigen Mütter (Eltern) gefährlich zu sein.
Letztens laufe ich zum Kindergarten, um den Mini Chef abzuholen. Mir kommt eine Mutter mit ihrer Tochter entgegen und ich höre die Mutter sagen: “Du darfst keine Schnecken anfassen. Die können Krankheiten übertragen.” Häh? Stimmt das? Habe ich noch nie gehört. Du lieber Gott, der Mini Chef fasst alles an. Schnecken, Würmer, Spinnen…einfach alles was sich fangen und auch anfassen lässt. Sicherlich weise ich ihn auf Gefahren hin. Ich erkläre ihm das man Wespen oder Bienen besser nicht bei “der Arbeit” stören sollte. Die können pieksen.
Es gibt aber eben viele Situationen in denen ich als Mama einfach total entspannt bin. Das Kind darf Sachen von der Erde aufheben und damit spielen, fällt ein Keks runter wird er kurz abgewischt und dann darf er (wenn er noch annehmlich aussieht) weiter gegessen werden. Warum auch nicht? Es gibt Mütter die verbieten aus Angst vor Keimen, ihren Kindern im Einkaufswagen ein Brötchen zu knabbern. Sorry, aber das geht für mich einfach zu weit.
Ich habe das Gefühl, dass es heutzutage zwei Arten von Kindern gibt: Die Ängstlichen, die alles verboten bekommen und die Tyrannen, die alles erlaubt bekommen. Das ist übrigens genauso schlimm, wie Kinder zu Angsthasen zu erziehen. Die Erziehung zu kleinen Tyrannen.
Ich gebe zu, der Mini Chef kann auch manchmal ein kleiner Tyrann sein. Das darf er auch. Er entwickelt sich. Will sich austesten. Will seinen Kopf durchsetzen. Er soll all das tun, aber es gibt Grenzen. Fängt er an zu schlagen, hocke ich mich nicht neben ihn (auf Augenhöhe wohl gemerkt – ganz wichtig heutzutage) und rede im Engelston auf ihn ein. Nein! Da schimpfe ich dann auch mal und sage ihm, dass man nicht haut. Egal wie gefrustet oder müde er ist. Ich toleriere so ein Verhalten einfach nicht. Ich schätze die Situation vorher natürlich ab. Ist er wirklich komplett durch und müde und schreit und wird wütend hilft ganz oft einfach eine Umarmung und er beruhigt sich.
Es gibt aber auch Situationen in denen er bewusst stänkert, weil er seinen Willen nicht bekommt. Und da bleibe ich dann hart. Ich gebe nicht nach egal wie laut er den Supermarkt zusammenschreit. Er bekommt dann nicht das was er in diesem Moment will. Ich erkläre es ihm, aber dennoch gebe ich nicht nach. Ich finde das ganz wichtig. Vielen fällt das aber schwer. Zumindest habe ich das Gefühl. Aus Angst vor Blicken der Nachbarmutter oder blöden Kommentaren der Mitmenschen wird nachgegeben. Das Kind bekommt seinen Willen. Aber das macht es doch nur noch schlimmer. Auch wenn sich das Kind in diesem Moment erstmal wieder beruhigt. Aber wollen wir das? Wollen wir das sich unsere Kinder durch Nachgeben unsererseits beruhigen? Also ich will das nicht.
Und dennoch scheint das ein Trend in der heutigen Gesellschaft zu sein. Und ich frage mich was schlimmer ist: Das Kind zum Angsthasten zu erziehen, weil man seine Ängste auf das Kind überträgt und das Kind somit in seinem Entdecker- und Erkundungsdrang hemmt oder wenn wir unsere Kinder zu Tyrannen erziehen, die immer alles bekommen was sie wollen?
Ich finde beides ist schlecht. Ein Mittelweg wäre perfekt. Nur ist der manchmal schwer zu finden. Glaubt mir. Ich weiß wovon ich spreche. Wie oft denke ich “Oh man warum haste das denn jetzt so gemacht?” Aber nun ja wir sind auch nur Menschen und oft treffen wir eben auch mal falsche Entscheidungen oder würden an einem anderen Tag vielleicht anders reagieren.
Dennoch bin ich der Meinung, dass wir unseren Kindern ein Stück Freiheit zurückgeben sollten. Grenzen ja, aber ständig Verbote aus Angst nein! Kinder müssen Kinder sein. Sie müssen hinfallen. Sich stoßen. Sie müssen mal schreien. Sie müssen mal weinen aus Frustration und Unzufriedenheit. Das nennt man lernen und lernen ist die wertvollste Sache, die wir unseren Kindern im Leben ermöglichen können und müssen.
Im Müttermagazin gab es zu diesem Thema heute auch einen sehr interessanten Artikel. Auch in diesem Artikel ist man sich einig, dass wir unseren Kindern ein Stück Freiheit nehmen, wenn wir sie ständig beschützen wollen und ihnen alle Entscheidungen abnehmen. Hier geht´s zum Artikel.
Ich stelle also fest: Mit Kinderaugen betrachtet, bin ich manchmal ganz schön sauer, wenn Mama nein sagt oder mich was nicht machen lässt. Aber oft beruhige ich mich schnell wieder, weil Mama mich ablenkt.
Eure Dajana
3 Comments
Nele E.
7. August 2015 at 12:35Prima Artikel, liebe Dajana,
oft ist es echt schwer, da die richtige Mitte zu finden. Ich gehöre übrigens auch zu den Muttis, die das Geschrei im Supermarkt aushalten können und sich nicht vor den Blicken der anderen schämen. 😉
Dann unterscheide ich noch zwischen den wirklichen Gefahren (also das Mitgehen bei Fremden, was annehmen von Fremden, Straßenverkehr usw.) und den "hausgemachten" Gefahren, die keine sind, wie Schnecken anfassen etc. Letzteres sehe ich da gelassen und Kind darf gerne Kind sein so wie wir früher auch. Und Bäume erklimmen steht hier übrigens ganz hoch im Kurs (und pssst: ICH saß mit Söhnchen auch schon oben… ;-))).
LG und einen guten Start ins Wochenende
Nele E.
klitzekleinedinge.com
7. August 2015 at 18:04Sehr wahre Worte!
Du hast sicherlich Recht damit, dass es nicht immer einfach ist, einen Mittelweg zu finden, aber man sollte es immer wieder versuchen.
Liebe Grüße, Biene
Anonym
9. August 2015 at 12:57perfekt geschrieben so ist es.wobei es meiner meinung nach kein trend ist mit dem nachgeben sondern andere die einem dazu treiben im supermarkt zb
diese blicke u kommentare wenn die kleinen ausrasten.dann kommt es auf die mutter selbst an….moechte ich nachgeben?kann ich kommentare ab?zieh ich mein ding durch?schaeme ich mich?zugegeben hab ich beides hinter mir u habe mich fuer die durchgreif methode entschieden u lass die leute reden u gucken.lg sonja